Vorstandschefs schimpfen gerne über die Politik. Über ihr eigenes Versagen sprechen sie eher ungern. Dabei ist die Mittelmäßigkeit in vielen Chefetagen längst ein Risiko für den Standort Deutschland.
Das Wehklagen über den Standort Deutschland gehört seit Monaten zum Standardelement der Reden von Unternehmensführern: Die Energiepreise zu hoch, die Bürokratie überbordend, die Politiker unfähig. Nur über eines sprechen sie eher ungern: ihre eigenen Fehler. Es ist schließlich immer einfacher, Probleme mit “den Umständen” zu begründen. Die Politik aber ist nicht das einzige Standortrisiko, auch viele Konzernlenker in Deutschland gehören dazu: Sie verschlafen die E-Mobilität, stürzen sich in riskante Übernahmen oder setzten viel zu lange auf russisches Gas, statt ihre Lieferanten zu diversifizieren. Ist womöglich das Versagen in den Chefetagen der wahre Grund für Deutschlands Abstieg?
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Dass “Führungskräfte” in Firmen ein Problem sind, ist klar. Allerdings sind die Aktionäre nicht, wie im Artikel dargestellt, unschuldige Opfer, sondern Mittäter. Unternehmen, deren einziges Ziel ein hoher Börsenwert ist, machen halt bescheuerte Sachen, um den Börsenwert hochzutreiben. Weil der Börsenwert nicht unwesentlich von irrationaler Spekulation getrieben wird, geht das halt auch mal nach hinten los.
Der Aktienkurs wird aber auch von irrationalen, kurzfristigen Tradern bestimmt, während ein erheblicher Teil des Aktienvolumens wahrscheinlich rein passiv angelegt ist (ETFs und co., also entkoppelt vom eigentlichen Unternehmen).
Das ist eine vollkommen beschissene Kombination.
Die Fondsverwalter sind schon dazu angehalten entsprechend positiv für den Aktienwert des Unternehmens zu stimmen.
Ich hab spaßeshalber mal bei VW und Bayer nachgeschaut. Letzteres hat einen erstaunlich großen Float von 83%, Blackrock hält nur 7%. Bei VW sind es 25% institutionelle Anleger und 21% Free Float.
VW als Beispiel ist witzig, denn es ist besonders gut als abschreckendes Beispiel geeignet. Die Stories um die Softwaretochter sind nach dem Abgasskandal auch nur der kleinste Problemfaktor.
Dann wäre dies aber doch keine Standortnachteil für Deutschland, da anderswo genauso wahr?
Ja, die Leute sind praktisch überall nach der gleichen Ideologie ausgebildet, in der Hinsicht dürfte es da wenig Unterschiede geben. Der größe Unterschied dürfte eher kulturell sein. Die deutsche Gesellschaft hat kollektiv die technische Entwicklung der letzten 50 Jahre nicht nur verschlafen, sondern aktiv versucht, sie zu verhindern. Der Computer gilt noch immer nicht als ein wichtiges Werkzeug, das bei richtiger Benutzung massive Arbeitserleichterung bringt, sondern als der böse Endgegner, den es zu bekämpfen gilt, wo immer er auftaucht. Deshalb sind wahrscheinlich viele deutsche Schlipse nicht mal in der Lage, ohne fremde Hilfe eine E-Mail zu lesen, denn die wird ihnen immer von einer Schreibkraft in Farbe ausgedruckt und vorgelegt. Wer so einen lustigen Bullshit-Job hat, ist natürlich hochmotiviert, weil ständig direkt mit der offensichtlichen Unfähigkeit unserer hochkarätigen Führungskräfte konfrontiert. Dementsprechend gut fällt dann auch die Arbeit aus.